ratschlag_kleinDie 10 Todsünden zwischenmenschlicher Kommunikation – Weglassen oder bewusst nutzen?

Todsünden? In der zwischenmenschlichen Kommunikation? Kennen Sie nicht?

Warum wir einen Großteil der Todsünden selbst täglich anwenden und weshalb wir dies in Zukunft vielleicht lieber unterlassen, erklären die kommenden Artikel. Dabei steht jeweils eine Todsünde im Fokus.

Todsünde ist ein ziemlich heftiges Wort. Vermutlich könnten wir sie auch in Störungen oder Behinderungen der zwischenmenschlichen Kommunikation umtaufen. Die Zerstörungskraft dieser Mechanismen wird in diesen Worten allerdings vollständig verharmlost. Aber genau das ist es was sie bewirken: Sie zerstören langfristig Beziehungen aufgrund der fehlenden Augenhöhe in der zwischenmenschlichen Kommunikation.

Beginnen wir mit der ersten Todsünde. Bitte beachten Sie, dass die Reihenfolge KEINE Rangfolge bedeutet – weder in Bezug auf die Häufigkeit des Vorkommens noch des Zerstörungspotentials.

Nr. 1 Der Ratschlag

„Du, mir ist voll kalt.“ – „Dann zieh Dich wärmer an.“ oder „Pullover hilft.“ oder „Da is ne Heizung!“

„Der schreit immer so.“ – „Sag’s ihm halt.“ oder „Da hilft nur weghören.“ oder „Einfach nicht reagieren.“

Zwei von vielen Beispielen, die uns täglich begegnen. Meist nehmen wir diese Antworten gar nicht bewusst als Ratschläge war. Unsere Reaktionen, egal ob auf der sprachlichen oder nicht-sprachlichen Ebene, zeigen dennoch deutlich, wie wir dazu stehen.

In der Regel ist es alles andere als Dankbarkeit, die uns bei ungefragten Ratschlägen durchflutet. Es sind eher Gedanken wie „Jetzt weiß ich auch, dass ich besser einen Pulli übergezogen hätte.“, „Schlaumeier.“, „Was weiß denn der schon von meiner Situation?“, „Wenn das so einfach wäre.“

Wir blocken eher ab, ziehen uns zurück, fühlen uns unverstanden. Die Kommunikation wird also verändert, wenn nicht gar vollständig lahmgelegt, das Gespräch versiegt.

Dies ist vielen gar nicht bewusst. Sie wollen nur helfen, eine Lösung anbieten. Was aber, wenn der andere es gar nicht will? Schließlich hat er ja nicht danach gefragt. Und trotzdem kommt er, der Ratschlag.

Was es ist…

Schauen wir uns den Ratschlag als Wort mal etwas genauer an.

Der Rat – SCHLAG… Sehen Sie es? Es steckt das Wort „Schlag“ darin. Und genau so fühlen wir uns, wenn er unerwartet, ungefragt er-TEILT wird: geschlagen!. Es trifft uns wie ein Schlag ins Gesicht – im wahrsten Sinne des Wortes. Nicht gerade die feine englische Art und auch nicht die gute Kinderstube unseres Gegenüber.

„Rat“ steckt ebenfalls darin. Vielleicht von „raten“ wie mutmaßen? Passen würde es. Oder vom Ältestenrat, der natürlich um seine Meinung gefragt wurde (und auch immer noch wird: Betriebsrat, Aufsichtsrat, Bundesrat…), aber eben selten damit die eigenen Vorstellungen traf (=Schlag).

Was es ist  – die Gefühle

Einen Ratschlag erbitten wir manchmal von jemandem, von dem wir annehmen, er könnte unsere Situation einschätzen, dem wir vertrauen, dessen Meinung wir schätzen oder einfach um unsere eigene Meinung oder Entscheidung zu festigen.

Und genau da liegt das Problem mit ungebetenen Ratschlägen. Wir kriegen sie von Menschen, die keiner der obigen Kategorien zuzuordnen sind  und die wir vor allem nicht danach gefragt haben.
Oder wir bekommen sie zu Themen, zu denen wir keinen Rat brauchen bzw. wollen. Vielleicht, weil wir einfach nur ein wenig Smalltalk halten möchten; oder uns ganz generell über eine Situation austauschen, ohne gleich eine Lösung präsentiert zu bekommen.

Der Rat-Bekommende fühlt sich oft nicht nur überrumpelt, sondern meist auch bevormundet, herab- und zurückgesetzt – und dies völlig unerwartet. Er wird also im Vergleich zum Gesprächspartner deutlich „kleiner“, ohn-mächtig, dumm. Dies muss nicht mal bewusst wahrgenommen werden. Das Gespräch und auch die Beziehung hat jedoch soeben mindestens den ersten Dämpfer, wenn nicht sogar einen Knick erfahren.

Das Schlimme: Der Rat-Gebende bekommt es zumeist nicht einmal mit. Er ist der Meinung, er hat etwas Gutes getan, geholfen, den Nebel des anderen gelichtet und ihn an seinen eigenen Erfahrungen teilhaben lassen. Der Rat-Bekommende muss also nicht die gleichen Fehler, Schwierigkeiten o.ä. durchlaufen wie man selbst – ist doch was wirklich Gutes!

Denkste!

Denn der Rat-Gebende spielt mit seinem Rat auch seine Macht aus (die er womöglich defacto gar nicht hat). Er beweist seinen Erfahrungsschatz und zeigt gleichzeitig, dass er weiß wie es dem anderen geht und was ihm guttut. Er stellt sich also über ihn, macht sich größer.

Da ist er schon, der Widerspruch auf Ihren Lippen!

Na klar. Wir wollen alle nur das Beste für unsere Mitmenschen. Keine Frage. Aber woher wissen wir, dass unser Erfahrungsschatz mit dem des anderen zusammenpasst, dass unser Weg auch der des anderen sein kann, dass unser Ratschlag wirklich zum anderen passt wie zu uns. Richtig: Gar nicht! Und erst recht nicht, wenn wir ihn ungefragt er-TEILEN.

Wie geht es anders?

Aber wie kann es gehen? Manchmal muss man Menschen doch vor Dummheiten bewahren.

Das dürfen wir ja auch! Aber warum muss es denn in Form eines Ratschlags sein.

Erzählen wir doch einfach – wenn wir die Erlaubnis dafür erbeten haben – von unseren eigenen Erfahrungen. Teilen wir unser Wissen (und nicht unseren Rat). Und wenn wir unbedingt einen Ratschlag loswerden wollen, dann fragen wir wenigstens vorher um Erlaubnis!

Manchmal möchte jemand allerdings auch einfach sein Herz ausschütten – ganz ohne Lösung, Ziel oder irgendetwas. Akzeptieren wir es. Zuhören reicht in diesem Fall vollkommen aus!

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In welchen Situationen sind Sie ein Berater oder werden Sie regelmäßig ungefragt mit Rat – (ge)schlagen?
Wie empfinden Sie es für das zwischenmenschliche Miteinander und die Kommunikation?

Ich freue mich über den Austausch und Feedback.
Teilen Sie, wenn Sie mögen den Beitrag gern.

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Auf gute und wertschätzende Kommunikation.

Herzlichst,

Klaudia Spielmann

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