Sie sackt in sich zusammen. Dann richtet sie sich auf und sagt: „Aber Loben ist verboten! Damit stellt man sich über den anderen und übt Macht aus. Das gehört sich nicht. Sagen mein Mann und mein Sohn. Was mach‘ ich denn jetzt?“
Loben oder nicht, ist das hier die Frage?
Wenn es um Anerkennung geht, werden wir unsicher. Das einzige was uns dazu einfällt ist Loben. Dann hört es oft schon auf.
Was genau ist eigentlich loben?
Es wird nach seiner Wortherkunft mit preisen, verherrlichen, jubeln gleichgesetzt. Im allgemeinen Sprachgebrauch meinen wir aber meist die Anerkennung einer Leistung, Tat, Verhalten o.ä. von jemandem. Ganz klar geht es beim Loben um Anerkennung. Anerkennen der Anstrengung, des Aufwands oder der Idee des Anderen.
Anerkennung ein Grundbedürfnis eines jeden Menschen. Loben kann also nicht schlecht sein. Oder doch?
Achtung, Verständnisfalle
In meiner derzeitigen Wahlheimat heißt es: Nicht geschimpft ist gelobt genug.
Wenn hier also etwas „okay“ ist, dann sollte der Empfänger damit glücklich sein. Das ist vor allem für Menschen, die nicht von hier sind, erstmal schwierig. Vor allem so lange bis sie den Spruch kennen. Für den Ureinwohner hier, ist ein okay schon Lob. Er ist also vollauf zufrieden mit „etwas“. Für einen Fischkopp wie mich, ist „okay“ gerade noch Mittelmaß, ausreichend. Das Lob kommt bei mir also nicht als solches an. Die Anerkennung verpufft.
Lob muss daher im größeren Kontext gesehen werden. Wer sagt was zu wem in welcher Situation. Miteinander sprechen ist auch hier – wie so oft – das Zaubermittel.
Auf die Wortwahl kommt es an
Mit einem Lob wollen wir in der Regel dem anderen unsere Anerkennung geben. Für etwas, was er getan, gedacht, gelassen hat. Dabei kann bekanntlich einiges schief gehen.
Ein „Das hast Du aber toll gemacht“ mag beim 3-jährigen noch Begeisterungsschübe auslösen, bei einem Erwachsenen eher ein ungutes Gefühl. Wer definiert denn toll? Was heißt es überhaupt? Nur weil Sie es toll finden, heißt es nicht, dass es für alle toll ist. Es ist eine persönliche Wertung (des anderen) versteckt. Wer aber darf über etwas oder jemanden werten? Genau, der Mächtigere. Hier ist also ganz klar Lob als Machtausübung zu verstehen. Das Kind akzeptiert es möglicherweise, weil Erwachsene größer sind und mehr Erfahrung haben. Dennoch sollte es schon da vermieden werden.
Auch diese Aussagen hier sind eher Bewertung, also Machtausübung, als Lob:
- „Du siehst so wunderschön aus.“
Hier wird etwas gelobt, wofür der andere nichts kann. Das passiert sehr oft bei Mädchen. Sie werden für ihr Aussehen oder den schönen Turm, den sie gebaut haben, gelobt. Beides ist nichts, was das Mädchen beeinflussen kann. Denn es unterliegt der Wertung des Senders, also Ihnen. Es steht somit in einer Abhängigkeit – ist ohn-mächtig.
- „Da hast Du dem anderen aber mal gezeigt, wie der Hase läuft.“
Auch hier steckt eine Wertung drin. Was ist gut und was ist schlecht? In diesem Falle wird etwas als gut bewertet, dass die eigene Meinung, Ansichten und Handlungsweisen über die eines anderen stellt. So funktioniert Gemeinschaft auf Dauer jedoch nicht. Langfristig ist es geschickter, andere Meinungen anzuhören und zu respektieren. Zumindest solange niemand dadurch zu Schaden kommt. Wenn es nötig ist, einzugreifen und gemeinsam eine zielführende schadenfreie Richtung einzuschlagen. Natürlich heißt das nicht, die eigene Meinung aufzugeben. Aber sie nochmal genauer anzuschauen – das schadet sicher nicht. - „Du bist ein ganz braver, tapferer, mutiger, …“
Jetzt muss ich vorsichtig sein, denn ich seh Sie förmlich die Augenbrauen hochziehen. Was soll daran nun falsch sein – denken Sie vermutlich. Grundsätzlich mal ist es nicht falsch. Es ist eher eine Bewertung als ein Lob. Wir stellen uns über den zu Bewertenden und „schenken“ ihm Eigenschaften. Natürlich ist es schön zu hören, dass man tapfer ist. Aber wer darf das entscheiden? Das ist ein bisschen wie ein Siegel. Das BIO-Siegel wird auf etwas geklebt, dass (hoffentlich) BIO hergestellt wurde. Hier gibt es klare Richtlinien, die jeder nachlesen kann. Das gibt es leider nicht für menschliche Eigenschaften. Die liegen noch immer im Auge des Betrachters. Das, was für den einen mutig ist, ist für den anderen total normal.
So geht Lob besser
Grundsätzlich geht Lob am besten ohne Bewertung. Das fällt aber recht schwer. Denn Bewertung passiert permanent. Oft unbewusst.
Dennoch gibt es Möglichkeiten zu loben und damit auf Augenhöhe zu bleiben.
- Wenn Bewerten, dann aus Ihrer Sicht.
Sprechen Sie in Ich-Form. Nicht, „Das hast Du gut gemacht“, sondern besser „Mir gefällt das“, „Ich find das gut, mutig, tapfer.“ Da es Ihre Bewertung ist und diese auch so gekennzeichnet ist, bleibt es bei einem Gespräch auf Augenhöhe. Es ist dann sogar egal, wenn das Gegenüber sagt: „Aber ich nicht.“ So haben Sie einen Teil Ihrer Anerkennung ausgesprochen, ohne den anderen oder sich selbst größer oder kleiner zu machen.
- Anerkennung der Kompetenz
Suchen Sie jeweils die Leistung, die Idee, das Verhalten im Hintergrund. Die Dinge, die zum Ergebnis geführt haben. Statt zu sagen „Du bist so wunderschön“, wie im Beispiel oben lieber „Ich mag das Kleid, dass Du Dir ausgesucht hast“ oder „Du hast Dir aber heute wirklich Mühe mit Deinen Haaren gegeben – ein tolles Flechtwerkt.“
Statt „Du hast aber einen schönen Turm gebaut“ lieber „Der Turm ist fast so groß wie Du. Das hat sicher viel Geduld erfordert.“ Loben Sie also etwas, was beeinflussbar ist. Mühe, Anstrengung, Ausdauer, Geduld, Flexibilität. Kompetenzen, die im Leben weiterhelfen. Die trainiert werden können. Dann ist Loben wirklich hilfreich und förderlich.
- Sozial verträglich und wohl dosiert
Es versteht sich fast von selbst, dass nur Dinge gelobt werden, die gesellschaftlich und menschlichen keinen Schaden anrichten. Im Gegenteil, es sollte Engagement, Miteinander und Gerechtigkeit (als Beispiele) gefördert und gefordert werden. Das bedeutet eben auch, dass es Dinge gibt, die selbstverständlich sind. Lob muss also sozial verträglich und nicht im Übermaß eingesetzt werden. Überlegen Sie also genau, wo jemand wirklich an sich und seinen Kompetenzen gearbeitet hat, an seine Grenzen und darüber hinaus gegangen ist und loben Sie. Erkennen Sie dies an.
Vor lauter Angst etwas falsch zu machen, loben manche viel zu viel, weil alles. Andere wiederum lassen es ganz. Der beste Weg liegt – wie so oft – in der Mitte. Sie selbst wissen es am besten, wie es Ihnen mit zu viel oder gar komplett ohne Lob und Anerkennung geht.
Einfach machen
Es gibt keine grundsätzliche Empfehlung. Sie kennen sich und Ihre Umgebung am besten. Sie wissen, ob Sie eher zu viel oder zu wenig loben. Ob Sie eher dazu neigen zu bewerten statt anzuerkennen oder eher Egoismus statt Gemeinsinn fördern.
Als Führungskraft – also auch als Eltern und Partner – sind wir in der Verantwortung. Da gehört Lob und Anerkennung dazu. Da reicht, wenn Sie sich komplett unsicher sind schon ein DANKE.
Denn auch das ist Lob und Anerkennung. Und zwar ohne große Erklärung.
Es wird leider nur allzu häufig vergessen.
Danke sagen
Die Frau vom Anfang wird weiterhin loben. Nun eben anders. Vor allem aber wird sie es bei ihrem Sohn und ihrem Mann tun. Sie wird öfter einfach Danke sagen.
Und Danke sage auch ich heute. Ihnen! Danke fürs Lesen. Danke fürs Unterstützen durch Kommentieren, Liken und Teilen. Danke fürs Teilhaben lassen an Ihren Herausforderungen.
Und nun sind Sie dran!
Loben Sie oder lieber nicht?
Werden Sie und Ihre Leistung anerkannt?
Welche Herausforderungen sehen Sie noch?
Schreiben Sie mir – in die Kommentare oder per Mail. Ich werde mir alles genau durchlesen.
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Halten Sie den Blick offen. Für Ihren Einblick > Durchblick > Ausblick.
Ich freu mich auf Sie.
Ihre Klaudia Spielmann